V o r r e d e.
Dieses Handbuch der alten Geschichte ist für die
obern Klassen von Schulen und Gymnasien be-
stimmt, und vielleicht auch zu Vorlesungen auf
Universitäten passend. Es enthält daher die Be-
gebenheiten der einzelnen alten Völker vollständig,
gedrängt, in passende und bequeme Perioden ge-
theilt, nach Jahren vor Christi Geburt bestimmt,
mit angedeuteten oder kurz ausgeführten Unter-
suchungen des Zweifelhaften und Ungewissen. —
Vollständig: Es enthält alle an sich wichtigen
Begebenheiten mit ihren Gründen und Folgen,
so weit sie bekannt $ aufserdem aber auch solche
Begebenheiten, die zum Verstehen alter Schrift-
* *
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
Vo rrede.
v
fserdem manche eingewebte Idee, die ich für
meine eigne halte: allein seine gütige Erlaubnifs,
was von seinen Ideen ich für Geschichte nutzen
könne, zu gebrauchen, hat mich weniger ängst-
lich gemacht. — Nach Jahren vor Christo
bestimmt: Die kleinern leicht zu behaltenden
Zahlen, welche diese Rechnung giebt, scheinen
sie so entscheidend zu empfehlen, dafs es befrem-
det, warum sie noch nicht allgemein eingeführt
ist, und dafs man daher jedes Mittel benutzen
mufs, sie allgemeiner zu machen. — Mit an-
gedeuteten oder kurz ausgeführten Un-
tersuchungen: Diese scheinen mir in den obern
Schul-Klassen und beim akademischen Vortlage
durchaus nothwendig 5 theils um die ermüdende
Einförmigkeit des Erzählens zu unterbrechen, theils
um den Lehrling zweifeln und untersuchen zu
lehren.
1 1 ... ' x'\ ' ' ■ ^ 9
Dafs ich bei der Ausarbeitung dieses Hand-
buchs die Quellen verglichen habe, wird eine ge-
nauere Prüfung lehren; doch habe ich auch neuere
Bearbeitungen der Geschichte treu benutzt.7 Vor-
züglich nenne ich mit Dank: Becks Allgemeine
Welt- und Völkergeschichte, 2 Theile, Leipzig
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
30
Chronologie.
Die ersten Geschichtschreiber und Chrono-
logen daher, welche die Folge dieser Obrigkei-
ten wahrscheinlich selbst nicht einmal kannten,
wählten andere Arten, die Jahre zu zählen. He-
rodot (um 4-1.4) rechnet nach Menschenaltern,
yevexiç, auf 100 Jahre drei Menschenalter; Thu-
cydides (420) nach Jahren des peloponnesischen
Krieges.
Nach dem Jahre 400 endlich fing man an,
die Jahre nach einer den Griechen allgemein
wichtigen Epoche zu zählen, nach den olympi-
schen Spielen. Seit Lykurg (883) wurden diese
alle vier Jahre, oder, was dem gleich ist, in je-
dem fünften Jahre (Ludi quinquennales) gefeiert.
Für das erste Jahrhundert war diese Anordnung
ohne Nutzen für die Chronologie : erst von 777
an, hatte man die Sieger im Wettlaufe aufge-
zeichnet. Diese Verzeichnisse wurden nach 400
abgeschrieben, mit ihren Archonten f Ephoren u.
s. w. verglichen, und sie zur Grundlage der Zeit-
rechnung gemacht. Jede Olympiade enthält vier
Jahre, und das erste Jahr der ersten Olympiade
fängt an 777 vor Ohr. mit dem Vollmonde, der
nach dem Sonnenstillstande im Sommer folgt,
auf den immer der fünfte oder letzte Tag der
Feier der olympischen Spiele fiel. Scaliger hat
dafür als Mittelzahl den 23 Julius bestimmt. Man
mufs daher, um genau zu bestimmen, in welches
Jahr vor Christo eine Begebenheit fällt, nicht
blos die Olympiade und das Jahr der Olympiade,
sondern auch den Theil des olympischen Jahres
wissen, denn z. B. 01. 95, 1. fällt zum Theil in
die letzte Hälfte des Jahres 400, und zum Theil
in die erste des Jahres 399 vor Chr. I) —* In
Xenophons griechischer Geschichte (um 400) le-
sen wir zwar in unsern Ausgaben die Jahre der
Olympiaden ; allein diese Zahlen sind wahrschein-
lich nicht von Xenophon, sondern von irgend
i) Sokrates stirbt 01. 95, 1. im Frühling: also
399 vor Chr.
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
Zur zweiten Auflage.
jqjs war dies Handbuch mein erstes schriftstelle-
risches Werk, das mich ins Publikum einführte.
Freuen daher mufste es mich, dafs es eine gün-
stige Aufnahme fand 5 aber auch zugleich ermun-
tern, dieses Beifalls würdig zu werden. Denn bei
neuer Durcharbeitung fand ich manches irrig oder
unbestimmt} und gern hätte ich es jetzt noch
einmal ganz durchgearbeitet, wenn nicht der Man-
gel an Exemplaren den Druck zu beschleunigen
gezwungen hatte, während Amtsarbeiten mir wenig
freie Zeit liefsen. Indefs hoffe ich, dafs keine be-
deutende Unrichtigkeiten zurück geblieben sind}
man wird dagegen fast auf jeder Seite Verbesse-
rungen, Zusätze und Andeutungen finden, auf die
weiteres Studium geführt hat, hin und wieder
auch Bestätigungen früherer Vermuthungen. Der
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T69: [Iii Ann Reg Urkunde Otto Chron Waitz Stumpf Urk Leg], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
Chronologie. 37
( /
der Syncclle rechnet nach Julius Africanus aus
den Zahlen der Septuaginta von Erschaffung der
Welt bis auf Chr. Geburt 5500 Jahre.)
Um diese verschiedenen Angaben mit ein-
ander zu vergleichen, ersann, vielleicht unnütz,
Josepfius Scaliger eine Periode von 7980 juliani-
sehen Jahren, daher genannt Periodus iuliana,
und gewöhnlich bezeichnet: P. I. nach deren
Ablauf sich die drei chronologischen Cykel, der
28jährige Sonnencykel, der 19jährige Mondcykel
und der 15jährige Indictionscykel zugleich erneu-
ern. Das Jahr der Geburt Christi ist 4714.
Allein man kenn dieser unbequemen Rech-
nungsarten nach A. M. und P. I. sehr gut ent-
behren, wenn man nach Jahren vor und nach
Chr. Geburt zählt. Alle Rechnungsarten sind
mit dieser Rechnung am leichtesten verglichen;
man hat einen bestimmten, anschaulichem Punkt,
von dem aus man rechnet, und erhält kleinere,
leichter zu behaltende Zahlen. Mögen auch die
Urheber dieser Berechnung, Dionysius der Kleine
um 550, und Beda venerabilis um 720, einige
Jahre zu wenig gezählt haben; dies hindert nichts:
was nun in den ersten Jahren nach der wirkli-
chen Geburt Christi geschah, setzt man in die
Jahre vor dem in der Zeitrechnung angenomme-
nen Geburtsjahre Christi; z. B. Christus ist gebo-
ren 4 oder 5 Jahre vor Chr. Geburt.
Ueberhaupt aber ist bis auf Cyrus (555) die
Chronologie bei allen Völkern des Alterthums
sehr unsicher; denn man schrieb nichts auf, und
bei dem Aufgeschriebenen bemerkte man die
Jahre nicht, weil man keine Jahre zählte. Erst
seit man anfing, Sonnen- und Mondfinsternisse
zu beobachten, und bestimmte Epochen vest zu
setzen, ist genauere Chronologie möglich. Vor
dieser Zeit mufs man sich damit begnügen, die
Zeit gewisser ausgezeichneter Begebenheiten und
Männer ungefär zu bestimmen, und nun zu
bemerken, was geschieht vor, was nach diesen.
Solche angenommene Zahlen sind 1184 für die
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude]]
TM Hauptwörter (200): [T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert]]
Extrahierte Personennamen: Julius_Africanus Josepfius_Scaliger P._I. Beda Christus Cyrus
Extrahierte Ortsnamen: Christi A._M. Christi Christi
r
>
82 fc " Geschichte
Indessen war das baktrianische Reich der
Griechen durch die Eroberungen der Parther und
die Einfälle nördlicher Barbaren zertrümmert;
und dadurch die Nordseite Indiens dem Andrange
der Völkerzüge geöffnet. Scythen und Parther
beherrschten den Lauf des Indus (das Indo - Scy-
thien des Ptolemäus); denselben Weg nahmen
die Eroberungszüge der weifsen Hunnen und an-
derer mongolischen Stämme, und seit jenen Zei-
ten beweist der weichliche Hindu die ange-
stammte Seelenkraft mehr durch Bewahren seiner
edleren Natur und Sitte, als durch kriegerisches
Abwehren roherer Volksstämme.
Wie spärlich die Bruchstücke seien, die uns
von indischer Geschichte erhalten sind, sieht ein
Jeder schon aus dieser summarischen Zusammen-
stellung. Das Gemüth des Inders war zu sehr
den religiösen Ueberlieferungen und Anschauun-
gen und einer rein poetischen Sagengeschichte
von alten Patriarchen, weisen Lehrern der Ve-
da’s, Büfsern, die durch ihre heroische Tugend
den Himmel in Erstaunen und Schrecken setzen,
u. dergl. zugewandt, als dafs es an einer politi-
schen Geschichte einzelner Fürsten und Reiche
hätte Anthcil nehmen können. Darum können
wir die Herrlichkeit des alten Indiens mehr aus
den noch bestehenden Denkmalen und Ueberre-
sten, als aus jenen fragmentarischen Geschichts-
nachrichten abnehmen.
In der diesseitigen Halbinsel, welche die fel-
sigen Ghautgebirge durchkreuzen — in einer Ge-
gend , die geschichtlich eben nicht vorzüglich be-
rühmt ist, erstreckt sich von einem Meere bis zum
andern eine Reihe von Detikmalen alter Archi-
tektur, denen an kolossaler Pracht und ausge-
dehntem Umfange kein anderes Bauwerk der Erde
vergleichbar ist. In den lebendigen Felsen ge-
hauen finden sich hier unterirdische Felsentem-
pel, Höhlenpaläste, Grotten Wohnungen für Tau-
sende von Priestern und Pilgern, ausgeschmückt
mit Säulenhallen, Vorhöfen, Kapellen, freien
' / ' ‘ .
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom]]
39
Aelteste
Sagengeschichte
bis auf die Entstehung von
Staaten.
I. Sc köpf ungssagen.
¿Zwar ist es unmöglich, wahre zuverlässige Nach-
richten von dem ersten Entstehen und der allmä-
ligen Ausbildung unserer Erde zu haben; den-
noch ist es eine unter den Menschen allgemeine,
schon früh bei ihnen erwachende Neigung, über
die Schöpfung der Erde und des Menschen, und
über des Menschen erste Schicksale zu vermu-
then und zu dichten. Jedes Volk hat seine eig-
nen Sagen darüber, und in jeder dieser Sagen
knüpft sich die Geschichte des einzelnen Volkes
an die ersten erschaffenen Menschen. Alle ha-
den eine gewisse Aehnlichkeit unter sich; allein
keine von ihnen ist so ehrwürdig, so vollständig,
und so mit der Natur der Dinge übereinstimmend,
als die in den ersten Capiteln des ersten Buches
Mosis. Sie ist das älteste Denkmal menschlicher
Ueberlieferungen, zusammengestellt aus alten
Volksgesängen der Hebräer, und die ächte Erzäh-
lung von den Vorstellungen eines rohen Volkes
über das Entstehen der Erde.
Die älteste und tiefsinnigste, zugleich aber
auch dunkelste Lehre und Ansicht von der Welt-
schöpfung findet sich in den heiligen Schriften
(Vedas) der Inder. „Ursprünglich,“ heifst es im
Rigveda, „war die Weltseele allein, und nichts
anderes bestand, Thätiges oder Unthätiges. Er
dachte: ich will Welten schaffen. So erschuf
Er diese verschiedenen Welten, das Urwasser,
Licht, sterbliche Wesen und die Wasser. Das
Urwasser ist ober dem Himmel, der Dunstkreis
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
84
Geschichte
poetischer Rede, insbesondre für Philosophie und
theologische Dichtung, gleich cultivirte Sprache
gewesen sei, versichern Alle, die es kennen.
Jetzt ist sie nur im Besitze der Gelehrten. Ihr
Vaterland ist Nordindien, der Dialekt von Kasch-
mir kommt ihr sehr nahe. Die Hauptschriften
des Sanskrit sind zum Theil schon genannt, die
Veda’s, das älteste Werk der indischen Litteratur,
deren Sprache selbst gelehrte Pundit’s nur mit
Mühe verstehen, Gebete, Hymnentheologische
Sittenlehre und philosophische Spekulation. Ihr
Verfasser Vyasa (der Sammler) ist eine blos er-
dichtete Person. In demselben Geiste sind die
Gesetze des Menu, eines Enkels des Brahma.
Vedanta die älteste indische Philosophie, Xjpa-
v$das Lehrbücher der Wissenschaften und Künste.
Dann folgen die epischen Gedichte. Die Pura-
na’s, ein Theil der Shastra’s oder heiligen Schrif-
ten, sind die Hauptquelle der Mythologie, Com-
pilationen, die sich stets auf die dichterische Ge-
staltung der Mythen gründen. Als lyrischer
Dichter wird Jajadewa, Verfasser der Gitago-
vinda, genannt. Das Drama blüht durch Ca-
lidas a, der zugleich die Werke des Vyasa und
Valmiki recensirt und die erste vollständige Aus-
gabe besorgt haben soll. So ist Vikramaditya der
indische Pisistratus. Hitopadesa, ein im Orient
weit verbreitetes Fabel - und Sittenbuch. — Ne-
den dem Sanskrit bestand als Volkssprache das
Prahrit, welches bei Calidasa die niedern Kasten
reden, während die Götter, Weisen und Könige
Sanskrit sprechen. — Pali, die heilige und
gelehrte Sprache für Hinterindien, Hofsprache
in Ceylan, die alte Religionssprache der Buddhi-
sten.
Die Religion der Inder, und wie sie nach
und nach durch eine zügellose Phantasie von der
alten Einfachheit und Reinheit in eine ausschwei-
fende Mythologie ausgeartet sei, bedarf noch der
grofsten Forschung, Hier nur einige zugleich
geschichtliche „Data. Wir finden die Braminen
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt]]
Schöpfungssagen. 43
selbst erdichtet, und zum Theil aus hebräischen
und griechischen Sagen geschöpft. *) Aus der
Vermischung eines finstern Luftgeistes und des
Chaos entstehe das Moth, d. i. Urschlamm, in
welchem die Keime zu allen Dingen lagen, und
dieses, als Ei gebildet, strahlte Sonne, Mond
und die übrigen Gestirne aus. Als nun aus Meer
und Luft, Licht und Feuer sich entwickelte, so
bildeten sich Winde und Wolken , und Regen-
güsse stürzten vom Himmel. Die Sonnenglut er-
hitzte die Luft, Blitze sprühten, Ddnnerschläge
krachten, und dadurch geweckt, sprangen die
schlafenden Thiere aus dem Moth hervor, und
jedes lebte nach seiner Art.
Aechter, wenn gleich nicht durchaus als alt
erwiesen, sind die von Berosus mitgetheilten
chaidäischen Sagen. 1 2) Sie enthalten die un-
geheuersten Vorstellungen von der Schöpfung.
1) Plülo lebte ums Jahr 100 nach Chr., und
Sanchuniathon soll, nach seinem Vorgeben,
um die Zeit von Troja’s Zerstörung in Phöni-
cien gelebt, und eine Geschichte dieses Lan-
des geschrieben haben. Von Philo’s Buche
haben sich nur Bruchstücke erhalten in Euse-
bius de Praep. Evang., Lib. I. c. 10, nach
welchem Sanchuniathon seine ältesten Nach-
richten aus den Tempel-Denkmälern Aegyp-
tens soll geborgt haben. Die Unächtheit dieser
Fragmente, als Uebersetzung eines ältern Bu-
ches, hat gezeigt: Ursinus de Zoroastre, Her-
mete, Sanchuniathone caet., Nor, 1661. 8-5
ihr Alterthum dagegen vertheidigt Cumber-
land, in seiner Uebersetzung der Fragmente
(Deutsch von Cassel, Magdeb. 1755).
2) Berosus lebte mit und nach Alexander, um
300 vor Chr., ein Chaldäer und Priester in
Babylon. Die Fragmente seiner griechisch ge-
schriebenen chaidäischen Geschichte sind am
vollständigsten gesammelt in jhabricii Bibi. Gr.
Tom. Xiv, p. 175 — 211.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien]]
TM Hauptwörter (200): [T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Berosus Cassel Alexander Alexander
1
Schöpfungssagen. 45 v '
Menschen aus der Erde aufgewachsen zu sein,
civto^ovbi;.
Die Erzählung des Aristophanes, in den Vö-
geln v. 694 ff., und noch mehr die schöne Er-
zählung dös Ovidius von der Schöpfung, im An-
fänge der Metamorphosen, scheinen von Dichtern
ausgebildete Volkssage.n zu sein. Die Erzählung
des Diodoros von Sicilien aber (B. I, Cap. 7.)
enthält wohl nicht, wie die aus spätem Zeiten
herrührende und vielleicht durch eine eingescho-
bene Stelle veranlafste Ueberschrift sagt, ägypti-
sche Sage, sondern Ideen griechischer Philoso-
phen. Die Erde bildet sich, nach ihm, ganz
durch sich selbst, durch allmälige Scheidung
und verhältnifsmäfsige Mischung der in ein Chaos
verwirrten Grundbestandtheile, Feuer, Luft,
Wasser, Erde: selbst Thiere und Menschen ent-
stehen ihm auf die Weise. Die anfangs noch
schlammige Erde, als eben das Wasser sich in
Meeren und Flüssen gesondert, erglüht von den
Sonnenstrahlen, es entsteht Gährung, die Wär-
me befruchtet, die nächtliche Kühle stärkt zu
Wachsthum, und endlich, wennmer Foetus seine
Reife erlangt hat, bricht er in irgend einer Thier-
gestalt hervor. Die mehr Wärme erhalten, flie-
gen als leichter in die Höhe; die mehr Erde krie-
chen; die aber von dem Sonnenfeuer und den
Lüften mehr angenommen, werden vollkomm-
nere Thiere, herrschen.
Zwar trägt die hebräische Sage noch deut-
liche Spuren, dafs sie die Dichtung eines kindi-
schen, blos phantasirenden Volkes ist; dennoch
ist sie vollständiger und vernunftmäfsiger, als
irgend eine der angeführten Sagen. Alles ent-
wickelt sich nach ihr allmälig; nichts kömmt
eher zum Vorschein, als bis Alles, was zu seiner
Erhaltung nothwendig ist, vorher erschaffen wor-
den, und ein erhabeneres und mächtigeres Wesen
existirt vor dem Dasein der Welt, und bildet die
Welt aus der vorhandenen Materie, während in
fast allen andern Sagen die Welt aus dem Chaos
' H. N
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]